
In herausfordernden Zeiten, wie der Aufnahme eines Studiums neben dem Berufs- und Familienalltag oder in der Prüfungs- und Abschlussphase, kann sich schnell das Gefühl von Stress einstellen. Stress kann sich negativ auf die Mentale Gesundheit (Mental Health) auswirken. Um negativem Stress effektiv entgegenzuwirken, wurden eine Reihe von Methoden der Stressbewältigung entwickelt. Alle Methoden basieren auf der Annahme, dass problematisches Verhalten auf unangemessene Einschätzungen von Situationen und Bewältigungsmöglichkeiten zurückzuführen ist.
Wie genau diese Methoden funktionieren, zeigen wir an zwei Beispielen aus dem APOLLON Studienheft „Stress und Stressbewältigung“: dem Stressimpfungstraining als kognitives Bewältigungstraining und dem Gedankenstopp als Strategie für die bewusstseinsgesteuerte Stressbewältigung.
Kognitive Bewältigungstrainings
Es existieren verschiedene kognitive Bewältigungstrainings, die mit Einzelpersonen oder in Gruppen durchgeführt werden können. Bei diesen Trainings handelt es sich um Selbstkontrolltrainings, die vor allem kognitive Aspekte berücksichtigen. Ziele dieser Trainings sind:
- • Analyse der stressauslösenden Situation,
- • Ergründung des Anteils der eigenen Bewertung an der Stressreaktion,
- • Änderung oder Akzeptanz der Situation,
- • Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten,
- • Überprüfung und Änderung stressbegünstigender Einstellungen und Denkmuster,
- • Erarbeitung und Einübung günstiger, realistischer Einstellungen,
- • Erprobung und Festigung neuer Verhaltensweisen.
Stressimpfungstraining
Ein sehr bekanntes kognitives Trainingsprogramm ist das Stressimpfungstraining von Meichenbaum (2003). Das Training besteht aus einer Instruktionsphase, in der man zuerst lernt, dass nicht das Ereignis selbst Stress hervorruft, sondern die Art, wie das Ereignis wahrgenommen wird. Es wird deutlich gemacht, dass man Ereignisse auch aus einer anderen Perspektive betrachten kann und sie dann weniger Stress auslösen bzw. man anders mit ihnen umgehen kann. In der Einübungsphase werden Bewältigungsstrategien eingeübt, beispielsweise Entspannung, kognitives Umstrukturieren (Veränderung der typischen Gedanken bei Stresssituationen), problemlösende und selbstbelohnenden Selbstinstruktionen. In der Anwendungsphase konfrontiert man Klienten oder Klientinnen mit potenziell stressauslösenden Situationen, zunächst über Vorstellungsübungen und Rollenspiele, dann in realen Situationen. Insbesondere der Erwerb von Bewältigungsstrategien in der Übungsphase zeigt sich in Evaluationsstudien als besonders effektiv (vgl. Ehlert; Gaab 2001).
Bewusstseinsgesteuerte Stressbewältigungsstrategien:
Auswirkungen positiver Gedanken
Weitere Beispiele für kognitive Stressbewältigungsstrategien bestehen darin, perfektionistische Leistungsansprüche kritisch zu überprüfen, eigene Leistungsgrenzen akzeptieren zu lernen, Schwierigkeiten nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderung zu sehen, keine festen Vorstellungen und Erwartungen an andere zu haben und die Realität zu akzeptieren. Positive Gedanken können einen positiven Einfluss auf die Gefühle, die Körpervorgänge und das Verhalten nehmen (vgl. Buchwald, 2011).
Die eigene Person sowie die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten in einem positiven Licht zu sehen, fördert eine positive Grundstimmung, eine offenere Wahrnehmung und eine größere Flexibilität im Denken. Werden dagegen eine Situation als bedrohlich und die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten als nicht ausreichend wahrgenommen, entstehen Spannungen und Ängste und ein klares Denken wird blockiert (vgl. Buchwald, 2011).
Selbsterfüllende Prophezeiungen – Prüfungsangst im Fernstudium
Beeinträchtigende Gedanken können zudem zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden. Das folgende Beispiel veranschaulicht, welche kognitiven Prozesse damit ausgelöst werden können.
Ein typisches Beispiel für eine Selbsterfüllende Prophezeiung im Fernstudium ist die übertriebene Prüfungsangst. Diese Angst führt, ausgehend von der verzerrten Annahme, dass man scheitern wird, zu hohem Stress und großer Nervosität während der Prüfung. Daraus folgt eine tatsächlich schlechtere Prüfungsleistung. Das schlechte Prüfungsergebnis bestätigt die vorhergehende Prophezeiung: „Habe ich es doch gewusst, ich schaffe das nicht!“
Es ist wichtig, diesen Teufelskreis mithilfe von positiven Gedanken zu unterbrechen, um Bewältigungsmöglichkeiten zu aktivieren. Techniken, mit denen aufkommende negative Gedanken positiv beeinflusst werden können, sind beispielsweise das Stoppen negativer Gedanken und der Aufbau günstiger Gedanken (vgl. Hautzinger; Linden, 2008).
Gedankenstopp für mehr Kontrolle
Negative Gedanken können bewusst mithilfe des Gedankenstopps abgebaut werden, indem die aufkommenden Gedanken möglichst früh unterbrochen werden und die betroffene Person bewusst die Kontrolle über ihre Gedanken übernimmt und denkt: „Stopp“ oder „Halt“! Das Stoppen negativer Gedanken ist der erste Schritt, um bewusst eine Veränderung der Wahrnehmung und des Handelns herbeizuführen. Nun müssen positive Gedanken und Erwartungen folgen, die die negativen Gedankengänge ersetzen (vgl. Buchwald, 2011 & 2012).
Auszug aus dem APOLLON Studienheft „Stress und Stressbewältigung“, verfasst von Prof. Dr. phil. Petra Buchwald.
Literaturverzeichnis
Buchwald, P. (2011). Stress in der Schule und wie wir ihn bewältigen. Paderborn: Schöningh.
Buchwald, P. (2012). Selbstbewusst ins Leben – Kinder und Jugendliche stärken, fördern
und motivieren. Paderborn: Schöningh.
Ehlert, U.; Gaab, J. (2001). Wirksamkeitsprüfung eines Stressimpfungstrainings. Universität
Zürich: Hochschulstiftung.
Hautzinger, M.; Linden, M. (2008). Verhaltenstherapiemanual. Heidelberg: Springer.
Meichenbaum, D. (2003). Intervention bei Stress. Anwendung und Wirkung des Stressimpfungstrainings.
Bern: Huber.
Tausch, R. (1996). Hilfen bei Streß und Belastung. Reinbek: Rowohlt.