14/06/2022

SCHLAFLOS DURCHS FERNSTUDIUM? DAS GEHT AUCH ANDERS!

Die Umsetzung des Wunsches „Schlaf gut!“ ist für viele Menschen schwierig. Insbesondere Fernstudierende, die vor der Herausforderung stehen, Familie, Freunde, Job und Studium unter einen Hut bringen zu müssen, fragen sich oftmals, wie sie in den wohlverdienten, erholsamen Schlaf finden, durchschlafen und/oder genug Schlaf bekommen können. Erholsamer Schlaf begünstigt erfolgreiches Studieren – unter anderem, da Gelerntes so zuverlässiger gespeichert wird. Melanie Netzer, Psychologin und Lehrende an der APOLLON Hochschule, gibt einige konkrete Tipps an die Hand, wie es mit den „süßen Träumen“ besser klappen kann.

Prof. Dr. Steinmetz, Kursleiter des APOLLON Zertifikatskurses „Schlafmedizin und Schlafkultur“, hat unter dem Titel „GUT SCHLAFEN ERFOLGREICH STUDIEREN! ERHOLSAMER SCHLAF TROTZ MEHRFACHBELASTUNG“ bereits 2018 einige Tipps zusammengestellt, die sich an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) orientieren und die nichts an Aktualität und Gültigkeit eingebüßt haben. Zu diesen Tipps zählen:

  • Im Takt bleiben, indem man auf einen geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus Demnach sollten die Aufsteh- und Zubettgehzeiten möglichst immer gleich sein und sich auch zwischen Werktagen und Wochenende nicht wesentlich unterscheiden.
  • Anregende Substanzen und Tätigkeiten kurz vor dem Schlafengehen vermeiden. Damit sind Kaffee, Energy-Drinks oder Cola ebenso gemeint wie die spätabendliche Joggingrunde. Bewegung und Ausdauersport sind sehr wertvoll, um einen gesunden Schlaf zu fördern – allerdings nicht zu knapp vor dem
  • Zubettgehen und Schlafbereitschaft sollten eng gekoppelt sein und bleiben. Man sollte erst ins Bett gehen, wenn man wirklich müde ist. Lesen, Fernsehen, Internetsurfen, Essen oder gar Arbeiten im Bett verwässern die Definition des Bettes als Ruhe-, Schlaf- und Erholungsort in ungünstiger
  • Eine angenehme, gesunde und schlaffördernde Schlafumgebung schaffen. Das beginnt bei den Lichtverhältnissen, setzt sich bei der Belüftung und Raumtemperatur fort und endet bei der Sichtbarkeit arbeitsassoziierter Dinge wie etwa Bücher, Schreibtisch oder Laptop (vgl. Issa, 2018).

Ergänzend zu diesen Tipps folgen hier ein paar Ideen, wie Sie sich dem Thema erholsamer Schlaf auf zielführende Weise nähern und eine gute Schlafhygiene für sich etablieren können:

No drama! Wer sich reinsteigert oder sich Druck macht, bleibt wach

Auch wenn man überall hört und liest, wie wichtig gesunder Schlaf ist, bringt es nichts, sich in eine „Ich muss schlafen, sonst werde ich krank-Haltung“ hineinzusteigern. Pathologisieren bringt Sie Ihrem Ziel des gesunden Schlafes nicht näher. Es ist normal, wenn Sie nicht immer sofort bei Kopfkissenkontakt einschlafen, nachts auch mal wach werden oder früher aufwachen als üblich. Sie müssen nicht sofort an eine „Schlafstörung“ denken oder womöglich sofort zu Schlafmitteln greifen. Ja, Schlaf ist wichtig, Entspannung und Gelassenheit aber ebenso.

Letztere sind die Voraussetzung und optimale Wegbereiter für erholsamen Schlaf, daher ist die Reihenfolge entscheidend: Erst locker machen, dann schlafen. Statt sich genervt herumzuwälzen, nachts alle paar Minuten auf die Uhr zu sehen und innerlich das Mantra „Ich muss doch schlafen. Ich will jetzt endlich schlafen“ zu wiederholen, könnten Sie sich auf eine ruhige Atmung und ruhige innere Bilder einlassen. Da Sie mitten in der Nacht normalerweise keine wichtigen Termine haben, können und sollten Sie Ihre Uhr getrost ignorieren. Lassen Sie - alternativ zum ruhelosen Kontrollblick auf die Uhr - vor Ihrem inneren Auge einen ruhigen Kraftort entstehen. Lassen Sie Ihren Atem fließen und pendeln Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit zwischen Bauchatmung und diesem Ruhebild. Sie werden sehen, wieviel Entspannung Ihnen das schenken wird. Und gerade, wenn Sie sich paradoxerweise vornehmen, wach zu bleiben, um noch etwas länger an Ihrem inneren Kraftort aufzutanken, schlummern Sie ganz sanft ein.

Die eigene Seele sanft in den Schlaf streicheln…

Der anfangs zitierte Wunsch Schlaf gut!“ kann Wunder wirken, wenn man ihn liebevoll zu sich selbst sagt. Manchmal hilft es auch schon aus einem „Ich muss schlafen“ ein „Ich darf jetzt schlafen“ zu machen. Denn oftmals kommt im durchgetakteten Alltag unserer Leistungsgesellschaft die liebevolle Selbstfürsorge und der feinfühlig-geduldige Umgangston in der Selbstinstruktion zu kurz. Sagen Sie sich daher selbst vor dem Ein-schlafen mal was Nettes oder summen Sie sich selbst ein Schlaflied. Machen Sie sich eine Wärmflasche oder tun Sie sich auf andere Art ganz bewusst etwas Gutes – als kleines Wohlfühl-, Abschalt- oder Einschlafritual. Nicht nur Kinder profitieren von solchen festen Ritualen.

Körper als Wegbereiter zu Entspannung und Einschlafen nutzen

Gerade bei Abschaltstörungen (also der Schwierigkeit herunterzufahren und für das gelingende Einschlafen entsprechend abzuschalten) kann Ihr Körper Ihrem Geist den Weg weisen. Atmen Sie leicht und einfach, tief in den Bauch. Legen Sie sich ruhig die Hände auf den Bauch, um zu spüren, wie sich Ihre Bauchdecke ganz von selbst hebt und senkt während Sie Ihren Atem fließen lassen. Spannen Sie Ihre Muskeln sanft an, halten Sie diese leichte Spannung ein paar Sekunden und lassen Sie dann ganz los. Spüren Sie der Entspannung nach. Machen Sie einen „Bodyscan“, indem Sie jedem Abschnitt Ihres Körpers nach und nach wertungsfreie Aufmerksamkeit schenken. Nehmen Sie nur wahr, ohne sofort zu bewerten. Wie fühlen sich Ihre Hände und Füße an, wo spüren Sie Auflageflächen, gibt es Temperaturunterschiede? Wo sind Sie schon locker und wo möchten Sie noch Spannung aus Ihrem Körper fließen lassen? Körperliche Entspannung zieht mentale Entspannung nach sich.

Auch durch Ihre Ernährung können Sie (unter Beachtung eigener Unverträglichkeiten oder Allergien) positiven Einfluss auf Ihren Schlaf nehmen. So sind etwa Kakao, Cashews, Mandeln, Bananen oder Haferflocken für ihre schlaffördernde Wirkung bekannt. Auch Tees mit Melisse, Hopfen, Baldrian oder Kamille wirken beruhigend - ebenso wie auch Lavendelduftkissen, Zirbenöl oder entspannungsfördernde (Natur-)Geräusche.

Schönes statt Schafe zählen

Anstatt den uralten Trick des Schäfchenzählens anzuwenden, können Sie die Zeit bis zum Einschlafen für sich nutzen, um innerlich aufzulisten, wofür Sie aktuell dankbar sind. Kaum etwas bietet einen runderen Tagesabschluss als ein kleines Dankbarkeitsritual. Ebenso können Sie schöne Erlebnisse, wie etwa Urlaubserinnerungen, schöne Momente mit Lieblingsmenschen oder in der Natur etc. nochmals innerlich abrufen und darin mit allen Sinnen spazieren gehen. Diesen inneren Schatz können Sie immer für sich nutzen. Die intensive sinnliche Auseinandersetzung mit positiven Bildern und Gedanken blockiert das Grübeln und damit den Schlafkiller schlechthin. Bestimmen Sie selbst, mit welchen Bildern und Gedanken Sie sich vor dem Einschlafen beschäftigen möchten. Vielleicht eine schöne Szene am Badesee, ein Waldspaziergang, ein nettes Gespräch… Achten Sie darauf, nicht unbedingt Ihre wildeste Skiabfahrt oder ausgelassenste Party für Ihr Kopfkino zu wählen. Denn die schönen Erinnerungen, in denen Sie gedanklich spazieren gehen, sollten das Herunterfahren und Abschalten begünstigen, um sich als Einschlafhilfe zu eignen. Wer würde schon mitten auf der Skipiste oder auf der Tanzfläche einschlafen? Wo waren Sie innerlich ruhig und gelassen, total entspannt, einfach nur glücklich, angenehm erschöpft und im Frieden mit sich und der Welt oder ausgeglichen und ganz bei sich? Nutzen Sie diese schönen Erfahrungen.

Was tagsüber bewältigt wurde, kann nachts nicht stören

Wenn man Sorgen, Zweifel, Befürchtungen und Belastungen tagsüber wegschiebt, verleugnet und die Auseinandersetzung damit vermeidet, dann können eben diese Problemthemen ein Ein- und Durchschlafen verhindern, da sie dann oftmals geballt als „Grübelinhalte“ über die müde Person hereinbrechen. Also lieber selbst den Zeitpunkt der Auseinandersetzung mit den eigenen offenen Baustellen wählen und tagsüber Lösungsansätze erarbeiten. Eine ganzheitliche Stressbewältigung kann helfen. Tipps zu diesem Thema finden Interessierte im Artikel „STRESS BEWÄLTIGEN IM ALLTAG. DARAUF KOMMT ES AN“. Abends bleiben die Problemthemen strikt vor der Schlafzimmertür. Das Bett bleibt grübelfreie Zone. Was tatsächlich bedeuten kann, dass man nochmals aufsteht, um sich eine geführte Meditation (z. B. „Tief entspannen in 10 Minuten“ oder „Frieden im Kopf in 10 Minuten“ von Peter Beer) anzuhören, bevor es schlafbereit wieder ins Bett geht.

Um das Bett klar als Schlaf- und nicht als Grübelplatz zu etablieren, kann man sich beispielsweise kurze Stichworte zu belastenden Themen in einem anderen Zimmer notieren und sich selbst die Zusage geben, dass man sich ausgeschlafen darum kümmern wird.

Neben dem sehr konkreten Weglegen des Notizblocks kann auch ein rein gedankliches Wegpacken negativer Gedanken und Gefühle in eine Truhe helfen, zu der man selbst den Schlüssel hat und die man zu einer passenden Zeit wieder aufschließen kann. Dies hilft vor allem all denen, die sich gut auf innere Bilder und symbolische Handlungen einlassen können. Im Anschluss daran eignet sich dann (im Bett liegend) gut die bewusste Auseinandersetzung mit schönen Bildern und Gedanken.

Wenn trotz der Einhaltung aller Schlafhygiene-Regeln Ein- oder Durchschlafprobleme fortbestehen, so sollte ärztlicher Rat eingeholt werden. So kann zwischen Abschalt- und Schlafstörungen und deren Unterformen differenziert werden. Zudem können so mögliche körperliche Ursachen für Schlafstörungen erkannt sowie fachkompetent und zielsicher behandelt werden. Schlafmittelgebrauch bedarf einer klaren Indikation und sollte nicht in Eigenregie erfolgen. Es gibt, in Abhängigkeit von der gestellten Diagnose, viele wirksame Alternativen wie Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training, Atemübungen, Akupressur o. ä., die nach erfolgter ärztlicher Rücksprache eingesetzt werden können.

Welchen der Tipps möchten Sie als erstes ausprobieren? Seien Sie gut zu sich selbst und…

Schlafen Sie gut!

Kurzvita Melanie Netzer

Melanie Netzer, APOLLON HochschuleMelanie Netzer M.Sc. absolvierte zwei Fernstudiengänge, sodass ihr die besonderen Herausforderungen des Fernstudierens bestens vertraut sind. Frau Netzer ist freiberufliche Psychologin mit langjähriger Berufserfahrung sowie Lehrende an der APOLLON Hochschule im Bachelorstudiengang Angewandte Psychologie.