04/09/2016
IM MOTIVATIONSTIEF?! WIE MAN DEN INNEREN SCHWEINEHUND VERSCHEUCHT UND WARUM SELBSTMOTIVATION GAR NICHT SO SCHWER IST
Man kennt es, man fürchtet es – aber früher oder später erwischt es fast jeden Fernstudierenden: Das gemeine Motivationstief. Es kommt manchmal schleichend oder auch ganz plötzlich, es bremst uns aus, lässt uns Aufgaben auf die lange Bank schieben und generell an dem zweifeln, was wir tun. Was nun? Wir haben uns mit Prof. Dr. PH Viviane Scherenberg MPH, Dekanin des Fachbereichs Prävention und Gesundheitsförderung an der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft, über das Thema Motivation im Fernstudium unterhalten und sie um Tipps gebeten, wie man den inneren Schweinehund erfolgreich in Schach hält. Viviane Scherenberg hat selbst mehrere Fernstudiengänge absolviert. 2016 ist ihr Praxisratgeber „Stressmanagement im Fernstudium“ erschienen.
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Was sind häufige Ursachen von Motivationstiefs im Fernstudium?
Die Ursachen sind vielschichtig: Man fühlt sich allein, vergleicht sich zu sehr mit den Lernfortschritten anderer, setzt sich selbst zu stark unter Druck, neigt zu Perfektionismus oder hat keine Ziele und nimmt daher das Fernstudium nicht als sinnstiftend für die eigene Karriere wahr. Auch die Umstellung der Alltagsgewohnheiten zwischen beruflichen und familiären Verpflichtungen lernen zu müssen, kann Stress und Demotivation auslösen. Denn festgefahrene Verhaltensweisen müssen erst einmal umgestellt und ein persönliches Selbst- und Zeitmanagement während des Fernstudiums aufgebaut werden. Ein normaler Erkenntnisprozess, bei dem man sich selbst neu reflektieren muss, sich umorganisiert, weiterentwickelt und an der neuen Herausforderung wächst.
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Über was sollte man sich bereits im Vorfeld eines Fernstudiums Gedanken machen – besonders im Hinblick auf die Themen Motivation und Ziele? Kann man einem Motivationstief irgendwie vorbeugen?
Sich Ziele zu setzen stiftet Sinn und ist ein sehr großer Motivator. Dabei ist es gut, sich neben einem großen Fernziel – zum Beispiel berufliche Verwirklichung – auch kleine Etappenziele zu setzen, die mit persönlichen Belohnungen gekoppelt werden, also zum Beispiel ein Wellness-Wochenende für eine abgegebene Hausarbeit. Bei kleinen Erfolgserlebnissen wird unser körpereigenes Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert und unsere Selbstmotivation gesteigert. Allein schon die Aussicht auf eine schöne Belohnung wirkt motivierend. Dabei sollte man sich aber immer auf ein greifbares Ziel konzentrieren. Gut ist es, Ziele und Belohnungen immer zu visualisieren und sichtbar vor Augen zu haben. Feste Lern- und Entspannungsrituale helfen dann dabei, die anvisierten Ziele zu erreichen und Gewohnheiten zu entwickeln. Einmal etabliert, sind sie dann so normal wie das morgendliche Zähneputzen.
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Kurze Motivationstiefs kennt fast jeder Student. Aber wann entwickelt sich das Ganze zum Problem? Gibt es bestimmte Anzeichen, die darauf hindeuten?
Ein Motivationstief kann zum Problem werden, je mehr der innere Schweinehund Macht über uns gewinnt und wir gerade unangenehme Aufgaben für längere Zeit aufschieben. So haben wir keine Erfolgserlebnisse. Die Mut machende Erkenntnis ist aber: Die sogenannte „Aufschieberitis“, der Fachbegriff lautet Prokrastination, kommt nicht durch die Aufgabe selbst, sondern durch die subjektive Bewertung der Aufgabe zustande. Perfektionismus und die Angst vor Versagen fördert das Verhalten, Dinge aufzuschieben. Eine Möglichkeit ist, unangenehme Aufgaben sofort anzugehen, um sich schnellstmöglich auf die angenehmen Dinge des Studiums und des Lebens freuen zu können. Auch hier spielt die subjektive Bewertung eine Rolle: Gehen wir die Aufgaben direkt ohne Bewertung an, merken wir, dass intensive Beschäftigung und die damit verbundenen Lernfortschritte automatisch die Lernmotivation steigern. Oder man macht es umgekehrt und priorisiert geliebte Aufgaben, um dann nach einem Erfolgserlebnis wieder genügend Motivation zu haben. Beide Wege sind je nach Motivationslage möglich.
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Besonders im Fernstudium fühlt man sich oft als Einzelkämpfer. Welche Möglichkeiten gibt es, Kontakte zu Kommilitonen zu knüpfen und sich so gegenseitig zu motivieren?
Oft wird angenommen, dass Kommilitonen nur bei Präsenzseminaren getroffen werden können und man tatsächlich ein Einzelkämpfer ist. Doch das ist ein Mythos, denn ein Fernstudium bringt vielfältige Vernetzungsmöglichkeiten mit sich: sei es über den Online-Campus, also etwa Forenkommunikation, Chat oder E-Mail, bei Prüfungsleistungen zum Beispiel im Rahmen von Gruppenprojekten und Lerngruppen über Skype, über Online-Gruppen wie bei Facebook oder WhatsApp, über Stammtische oder Treffen auf Symposien. Wie „isoliert“ Fernstudierende sind, hängt zu einem großen Teil von jedem selbst ab. Der regelmäßige Austausch ist sehr wichtig, um nicht das Gefühl zu haben, allein zu sein und sich gegenseitig zu ermutigen.
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Bitte geben Sie uns doch ein paar ultimative Tipps zum erfolgreichen Hinausklettern aus einem tiefen Motivationsloch.
Ein ganz praktischer Tipp: Neuzeitliche Ablenker, wie Handy, Internet & Co. sollten während Lern- und Entspannungsphasen konsequent eliminiert werden. Fernstudierende sollten zudem immer bedenken, dass sie nicht allein sind. Ein Fernstudium öffnet berufliche Türen für Karrierewege, die vorher meist vollkommen verschlossen waren. Gute Bildung bleibt der stabilste Garant für Arbeitsplatzsicherheit und eine berufliche Karriere. Materielle Besitztümer können an Wert verlieren, ein Fernstudium und die damit gesammelten Erfahrungen bleiben bestehen. Sich im Austausch mit Kommilitonen darüber klar zu werden, dass Motivationstiefs normal sind, kann helfen. Wichtig ist nur, dass man sich nicht selbst blockiert, zu viel grübelt und „einfach“ zielstrebig und beharrlich Schritt für Schritt und Modul für Modul sein großes Ziel („Ich will den Hut!“) weiter verfolgt und nicht aufgibt. Denn wie sagte schon Henry Ford: „Es gibt mehr Leute, die kapitulieren, als solche, die scheitern.“ Aus eigenen Erfahrungen kann ich als mehrfache Fernstudierende sagen: Halten Sie durch, es lohnt sich!
Autorin: Hayat Issa