30/08/2021
HAUSARBEIT, THESIS UND CO. – UND WIE SCHREIBE ICH DAS JETZT?
Zum ersten Mal eine eigene größere wissenschaftliche Arbeit – egal ob Hausarbeit, Bachelor oder Masterthesis – die Herausforderung bleibt die gleiche: wie schreibe ich jetzt das richtige gut auf? Ein paar hilfreiche Tipps und Leitplanken gibt Ihnen Dr. Jeanine Staber auf den Weg. Sie begleitet als Lehrende der APOLLON Hochschule seit vielen Jahren die Abschlussarbeiten der Studierenden und ist zur Tutorin des Jahres nominiert.
Legen Sie Wert auf eine gute Forschungsfrage!
Die Forschungsfrage ist der zentrale Wegweiser Ihrer Arbeit. Sie muss mit der Methodik, die Sie definieren beantwortbar sein. Durch die Forschungsfrage, aber auch durch das Ziel Ihrer Arbeit und Ihre Methodik definieren Sie selbst die Richtschnur, anhand derer Sie Ihre Gutachter anschließend bemessen. Deshalb sollte alles aufeinander gut abgestimmt und passend sein.
Einfach SCHREIBEN
Fangen sie erst einmal an, zu den einzelnen Bausteinen ihres Themas Sachen aufzuschreiben. Was gibt es Relevantes dazu zu sagen? Was sind die Kernpunkte des Problems? Im ersten Schritt ist es gut, dass da viel steht. Gehen Sie aber auch davon aus: ein Text lebt: Er entwickelt sich und verändert sich auch im Laufe der Zeit.
Sie werden beim Schreiben dann vielfach merken, man kann zu den meisten Themen ewig viel schreiben… Aber so viel Platz werden sie nicht haben. D. h., in den weiteren Schritten muss ein bisschen aussortiert werden...
Adressatengerecht schreiben
Überlegen Sie sich, wer Ihre Arbeit liest. Gehen Sie von einem interessierten Leser aus, der die wesentlichen Züge des Gesundheitswesens kennt, dem man eher die tiefergehenden Aspekte Ihres Thema erklärt. Näher beschrieben müssen beispielsweise die Aspekte, die in Ihrer Forschungsfrage genannt werden.
Führen Sie Ihren Leser gut durch die Arbeit, dass dieser Ihre Ausführungen gut nachvollziehen kann. Insbesondere in Ihrem Hauptteil sollte jeder Schrittnachvollziehbar sein. Wenn der Leser versteht, warum Sie was wie tun, ist es schon mal ein wichtiger Schritt.
EINFACH schreiben
Sie wollen doch, dass Ihr Leser alles gut versteht, was Sie schreiben?! Gehen Sie davon aus, dass Ihr Leser sich nicht stundenlang mit einem Abschnitt beschäftigt, den er nicht versteht. Schreiben Sie „einfach“: gut verständlich, viele Verben statt vieler substantivischer Konstruktionen. Also: „Schreiben Sie einfach, damit der Leser Sie gut versteht“ statt „Einfaches Schreiben zum besseren Verständnis für den Leser“.
Vermeiden Sie komplizierte Satzkonstruktionen, indem Sie mit vielen Verschachtelungen arbeiten. Bilden Sie im Zweifel mehr Sätze.
Verfransen Sie sich nicht in jedem Detail. Arbeiten Sie mit relevanten Beispielen, anstatt alle Aspekte eines Sachverhalts aufzuzählen und zu erläutern.
„Am Anfang war Bismarck“ – bitte keine Besinnungsaufsätze zu irrelevanten Themen
Oft lese ich ellenlange Ausführungen über die Anfänge des Gesundheitswesens in Arbeiten, die mit der Geschichte des deutschen Gesundheitssystems nichts zu tun haben. Lassen Sie so etwas bitte weg. Schreiben Sie bitte keine „Besinnungsaufsätze“ über Themen, die nicht essenzieller Bestandteil Ihres Themas sind. Denn…
Immer eng am Thema
Mein Doktorvater hat immer gesagt „Mach kein Fass auf, dass Du nicht bedienen kannst!“ Das will heißen: Themen die angerissen werden, müssen auch näher ausgeführt werden. Zum Beispiel, wenn Sie demographische Entwicklung thematisieren, müssen Sie das näher ausführen. Wenn die demographische Entwicklung kein gewichtiger Aspekt Ihrer Arbeit ist, lassen Sie ihn lieber weg; Sie brauchen es nicht. Das Thema ist in den Grundzügen hinreichend bekannt und muss nicht in jeder Arbeit ausgeführt werden.
Legen Sie Wert auf treffende Überschriften!
Oft lese ich Überschriften, die zum nachfolgenden Text nicht so recht passen wollen. Mein Rat an Sie: Legen Sie Wert auf Überschriften, die den Inhalt des darauf folgenden Textes prägnant und treffend widergeben. Ändern sich Ihre Inhalte, passen Sie ggf. auch die zugehörigen Überschriften an.
Gehen Sie davon aus: Der Leser liest die Überschriften und erwartet auch Inhalte, die dazu passen. Die Überschriften bilden die Gliederung im Inhaltsverzeichnis. Zeigen Sie bereits hier, dass Sie Ihre Ausführungen gut und aussagekräftig strukturiert haben.
Das Exposé als Einleitung der Thesis? Lieber nicht!
Das Exposé als Einleitung der These zu verwenden, ist sehr verlockend. Der Text ist schon da und man spart Zeit. Dennoch rate ich Ihnen davon ab, da das Exposé ein anderes wissenschaftliches Format ist. Es stellt ein Vorhaben prägnant dar. Aber eine Einleitung für eine Thesis sollte ein Thema behutsamer herleiten. Insbesondere Begründungen für Themen oder Reduktionen auf bestimmte Aspekte müssen da rein und kommen im Exposé zumeist etwas zu kurz.
Und jetzt noch einige der schwersten Schritte: Straffen, Kürzen, Streichen…
Der Satz ist so schön gelungen. Mit dem Abschnitt habe ich mir solche Mühe gegeben. … Hm, aber irgendwie passt der Satz jetzt – nach mehrmaligen Überarbeitungen – nicht mehr so richtig rein.
Viele tun sich schwer damit, einmalig geschriebene Textpassagen zu straffen, zu kürzen oder gar zu streichen. Man arbeitet verständlicherweise nicht gerne für die „Tonne“. Aber es gehört leider zum wissenschaftlichen Arbeiten dazu und sollte als normaler Bestandteil des Prozesses gesehen werden.
Wie bereits gesagt: ein Text lebt und Teile müssen des Öfteren geändert oder gekürzt werden. Trauen Sie sich – auch zu größeren Veränderungen, also noch mal ganze Teile komplett umzustellen. Das Ergebnis kann auch befreiend sein.
Zum Schluss
… wünsche ich Ihnen für Ihre wissenschaftlichen Arbeiten, dass Sie beim Schreiben viel Freude haben und dass sie Ihnen gut gelingen!