10/08/2023

Einblicke in den Zertifikatskurs “Nachhaltige Lebensstile: Gesundheits- und Umweltpsychologie”

Beim Zertifikatskurs „Nachhaltige Lebensstile: Gesundheits- und Umweltpsychologie“ stehen psychologische Prozesse des Umwelt- und Gesundheitsverhaltens und Instrumentarien und Grenzen der Verhaltensbeeinflussung im Fokus. 

Welche Risiken birgt beispielsweise die Entfremdung von unserer Umwelt, welchen Einfluss haben psychologische Effekte auf das Umweltverhalten und was beinhalten nachhaltige Lebensstile? Als Einblick in den Zertifikatskurs finden Sie an dieser Stelle einen Exkurs zu diesen drei Themen, basierend auf dem zugehörigen Studienmaterial. 

Was ist Umweltentfremdung?

Eine gute Beziehung eines Menschen zur Natur kann als Basis für den Umweltschutz angesehen werden. Die zunehmende Naturentfremdung geht mit einem geringen subjektiven Wohlbefinden und niedriger Achtsamkeit für die Natur einher (vgl. Wang et al., 2021, o. S.).

Naturentfremdung findet u.a. einen Ausdruck im Nicht-Erkennen heimischer Vogelarten. Bereits die 2007 (vgl. Zahner et al., 2007) durchgeführte erste BISA-Studie („Biodiversität im Schulalltag“) zeigte, dass die Kenntnis von Vögeln bei Schülerinnen und Schülern im Vergleich zu den 1980er-Jahren zurückgegangen ist (vgl. Eschenhagen, 1982). Im Rahmen einer zweiten Befragung im Jahre 2017 erkannten die knapp 2. 000 befragten Gymnasialschüler:innen im Durchschnitt nur etwas mehr als ein Drittel der zwölf gezeigten heimischen Vogelarten (vgl. Gerl et al., 2018, S. 242). Heimische Vögel wurden ausgewählt, da sie durch ihre geringe Fluchtdistanz und Tagesaktivität gut beobachtet werden können. Auch bei Erwachsenen scheint Nachholbedarf zu bestehen, denn gemäß der Naturbewusstseinsstudie 2019 unter 2000 Befragten bekunden nur 40 % sie über die heimische Tierwelt gut Bescheid wissen. Dieses Ergebnis erstaunt, da 91 % der Befragten sich wiederum über den sorglosen Umgang ihrer Mitbürger:innen mit der Natur ärgern (vgl. BMU; BFN, 2020, S. 8, S. 38). Diese Ambivalenz zwischen Einstellung und Verhalten kann unter anderem durch negative psychologische Effekte erklärt werden.

Welche psychologischen Effekte beeinflussen unser Umweltverhalten?

Beim individuellen Umweltverhalten kann es zu den folgenden negativen psychologischen Effekten kommen (vgl. Bamberg et al., 2018, S. 28):

  • Rebound-Effekt: Erhöhte Energieeffizienz führt zu einem unbeabsichtigten Anstieg des Energieverbrauchs. Zum Beispiel wenn die Nutzung von Energiesparlampen zur Folge hat, dass die Beleuchtung beim Verlassen eines Raums nicht mehr abgeschaltet wird.

  • Moral Licensing-Effekt: Vom Moral Licensing-Effekt wird gesprochen, wenn ein umweltschutzbezogenes Verhalten moralisch dafür gerechtfertigt wird, um sich auf einer anderen Ebene entgegengesetzt zu verhalten.

Bezieht sich diese Handlung auf dem Konsum wird auch von Konsum-Akkumulations-Effekt gesprochen (vgl. Joschko, 2019, S. 12). Zum Beispiel: Der Kauf eines energieaufwendigen SUV wird damit gerechtfertigt, dass ein energiesparsamer Kühlschrank gekauft wurde.

Ein weiterer Aspekt des Umwelt- und Gesundheitsverhaltens behandelt die Entwicklung sogenannter nachhaltiger Lebensstile.

Was sind nachhaltige Lebensstile?

Um sich dem Begriff der nachhaltigen Lebensstile zu nähern, ist es notwendig, den komplexen Begriff Nachhaltigkeit zunächst zu definieren. Die UN lieferte bereits folgende Definition von Nachhaltigkeit:

„Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.”

Menschen mit einem nachhaltigen Lebensstil nehmen demnach also Rücksicht auf nachfolgende Generationen. Unter dem Begriff sustainable lifestyles subsumiert man:

  • • die nachhaltige Nutzung von Produkten
  • • den nachhaltigen Konsum und nachhaltige Konsummuster
  • • nachhaltiges Verhalten

Exkurs Nachhaltige Lebensstile (Grafik nach: Lehmann et al., 2015, S. 5)

Quellen:

  • • Web based Training „Umweltpsychologie und nachhaltige Lebensstile“ von Prof. Dr. Viviane Scherenberg

  • • Bamberg, E.; Schmitt, C. T.; Baur, C.; Gude, M. et al. (2018). Theoretische Konzepte zu Nachhaltigkeit – unter besonderer Berücksichtigung von Handlungs- und Moraltheorien. In: Schmitt, C.; Bamberg, E. (Hrsg.): Psychologie und Nachhaltigkeit. Wiesbaden: Springer, S. 17–35.

  • • Eschenhagen, D. (1982). Untersuchung zu Tierartenkenntnissen von Schülern. Unterricht Biologie, 68, S. 40–44.

  • • Joschko, I. L. (2019). Zielgruppenspezifische Interventionen zur Energiereduktion – Ein umweltpsychologisches Feldexperiment in Privathaushalten einer deutschen Großstadt. Wiesbaden: Springer.

  • • Lehmann, H.; Rajan, S. C. (2015). Policy Paper Sustainable Lifestyles Pathways and Choices for India and Germany. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/ 2695/dokumente/giz2015-en-igeg_3_sustainable-lifestyles_0.pdf

  • • Wang, C.; Geng, L.; Rodríguez-Casallas, J. D. (2021). The role of nature-deficit disorder in the associations between Mobile phone overuse and well-being and mindfulness. Current Psychology.

  • Zahner, V.; Blaschke, S.; Fehr, P.; Herlein, S. et al. (2007). Vogelarten-Kenntnis von Schülern in Bayern. Vogelwelt, 128(128), S. 203–214.