ErfahrungsBerichte

Anna Christina Hörster
(B. A.)

Erlernter Beruf staatlich examinierte Krankenschwester
GeburtsJahr 1965

Der erste akademische Hut mit 50

 

Begonnen hat alles mit der Insolvenz meines damaligen Arbeitgebers. Als Krankenschwester hatte ich nach vielen Berufsjahren in den unterschiedlichen Bereichen der Gesundheitswirtschaft eine Weiterbildung zur Study Nurse absolviert und anschließend sechs Jahre in einem Auftragsforschungsinstitut gearbeitet. nIn dieser Zeit konnte ich mich bis zur Projektmanagerin weiterentwickeln. Um weiterhin in diesem Umfeld und auch in einer entsprechenden Position berufstätig zu sein, schien ein akademischer Abschluss essentiell. Daher begann ich während der intensiven Bewerbungszeit mit Recherchen zu möglichen berufsbegleitenden Studiengängen.

Schnell stellte sich die Gesundheitsökonomie als das für mich richtige Fach heraus, da hier alle bisher gesammelten Berufserfahrungen unter einen „Hut“ gestellt, sowie fachlich vertieft und ergänzt werden konnten. Als Mutter von drei Kindern fiel meine Wahl dann auf ein Fernstudium mit flexiblen Präsenz- und Prüfungsphasen, was mir die größtmögliche Planungsfreiheit ermöglichte.
Ende Juni 2012 immatrikulierte ich an der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft in Bremen als Teilzeitstudentin, was bedeutet, dass ein Zeitraum von vier Jahren bis zum Erreichen des Bachelor Abschlusses vorgesehen ist. Zu diesem Zeitpunkt war ich 46 Jahre alt und gespannt, wie gut mein Lernvermögen wohl sein würde.

Schon ein paar Tage später erhielt ich das erste Paket mit Studienunterlagen und begann mit der Bearbeitung der ersten Aufgaben. Besonders das wissenschaftliche Schreiben mit korrekten Belegen und Zitationen war anfangs sehr ungewohnt und sperrig für mich. Ebenfalls unterschätzt hatte ich den hohen betriebswirtschaftlichen Anteil des Studiums. Die Zähne ausgebissen habe ich mir dann fast am Modul Wirtschaftsmathematik, welches ich jedoch zum Glück nach vielen YouTube Tutorials und unendlicher Rechnerei im ersten Anlauf bestanden habe.

Im Nachhinein bin ich dankbar, dass ich durch das Studium dazu gezwungen wurde, mich auch mit Themen, um die ich normalerweise einen Bogen mache, auseinanderzusetzen. Interessant und hilfreich war es für mich, dass ich auf Grund meiner langjährigen Berufserfahrung zu fast allen Themen einen Anknüpfpunkt herstellen konnte. Das erleichterte mir den Zugang zu vielen Modulen und unterstützte auch die Bearbeitung der vielen schriftlichen Fallaufgaben. Richtig spannend wurde es dann, als ich zur ersten Klausur fuhr. Auch hier konnte ich merken, dass mir mein „fortgeschrittenes Alter“ eine Art Grundruhe ermöglichte, so dass es fast Spaß machte, das zuvor Gelernte endlich in die Prüfung einfließen zu lassen.

Auch wenn sich alles so positiv darstellt, so muss ich zugeben, dass der Alltag mit Vollzeitstelle, Familie und Studium eine Herausforderung ist. Um dies mit dem notwendigen Ehrgeiz und Einsatz durchhalten zu können, muss man seinen Tagesablauf minutiös planen. Leerlauf gab es zu keiner Zeit. Selbst wenn ich mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr, bastelte ich im Kopf an der aktuellen Aufgabenstellung. Nachmittags lernte ich parallel zu meinen Kindern, anschließend war der Haushalt dran und wenn abends dann der Großteil der Familie schlief, gab es meist noch mal eine Lerneinheit für mich.

Nach einigen Monaten merkte ich jedoch, dass es notwendig ist, wenigstens an einem Tag in der Woche komplett abzuschalten, um eine gute Leistung erbringen zu können. Zu dieser Erkenntnis kam ich allerdings erst, nachdem ich viele Stunden nahezu unproduktiv auf Word-Dokumente gestarrt hatte; einen Satz geschrieben, anderthalb wieder gelöscht… Als Folge führte ich wieder den Sonntag als arbeitsfreien Tag für mich ein und merkte schnell, wie notwendig dies ist.

Ich habe alle Module des Studiums in der vom Kurrikulum vorgesehenen Reihenfolge absolviert. Für mich war das der richtige Weg, denn wenn ich mir zunächst die „Rosinen“ herausgepickt hätte, dann hätte ich wohl zum Studienende ausschließlich unbeliebte Themen bearbeiten müssen. So ging es Schritt für Schritt weiter und plötzlich, Anfang dieses Jahres war auf einmal das letzte Modul bearbeitet und es ging an die Bearbeitung der Thesis. Für mich so etwas wie das Sahnehäubchen, weil ich endlich ein Thema selbst auswählen und nach meinen Vorstellungen bearbeiten konnte. Im Juli reichte ich die Abschlussarbeit ein und im September, zwei Tage nach meinem 50. Geburtstag hielt ich dann meine Bachelorurkunde in den Händen. Trotz des anspruchsvollen Programms war es mir gelungen, in der Regelstudienzeit von drei Jahren den Abschluss zu erreichen.

Wie geht es nun weiter? Es hat mich gepackt und ich kann mir nicht vorstellen, an dieser Stelle meine akademische Ausbildung zu beenden. So habe ich mich unmittelbar im Anschluss an das Studium für den konsekutiven Masterstudiengang immatrikuliert und schreibe gerade mal wieder eine Hausarbeit.

Durch meine Arbeit in der Forschung angeregt strebe ich nun den „richtigen“ Doktorhut an. Mit mir selbst habe ich darum gewettet, diesen bis zum Abitur meines jüngsten Kindes 2020 zu schaffen. Ich bin gespannt…